Post-Westfälische Literatur – Donnerstag [GER]
Der wissenschaftlich-künstlerische Workshop geht der Frage nach, was eine Verschiebung von der nationalen Souveränität hin zu transnationalem Denken, wie sie seit ca. 30 Jahren geschieht, für Literatur und Literaturwissenschaft bedeutet. Wissenschaftliche und künstlerische Disziplinen kommen in ein lebhaftes Gespräch.
Burg Hülshoff liegt vor den Toren Münsters, in einer der beiden Städte, in denen 1648 der Westfälische Frieden geschlossen wurde, aus dem das System der souveränen Nationalstaaten hervorging: das Westfälische Staatensystem – politikwissenschaftlich auch »Westphalia« abgekürzt. Dieses System wurde spätestens mit den Transformationen der 1990er-Jahre zunehmend diskutiert. Die Veränderung der Gesellschaften weltweit, die u.a. durch den Zusammenbruch der Sowjetunion und die Globalisierung des Warenverkehrs gekennzeichnet war, wurde in der Politikwissenschaft und auch in der Weltpolitik zunehmend als Übergang vom »Westfälischen Staatensystem« zu einer »Post-Westfälischen Weltordnung« angesehen.
Bereits 1999 analysierte die Politologin Susan Strange das Scheitern von »Westphalia« auf drei systemischen Ebenen: Es fördere ökonomische Ungleichheit, produziere einen deregulierten Finanzkapitalismus und habe keine Lösungen für die ökologische Krise. Diesem Scheitern gab Strange dann konsequenterweise den Titel »Westfailure«.
Das neue, »Post-Westphalia« genannte System tritt sowohl in Form humanitärer Interventionen in das Hoheitsgebiet eines anderen Staates als auch in der Gestalt trans- oder supranationaler Initiativen wie NGOs oder Verbünde wie der Europäischen Union auf. Es äußert sich aber genauso in verschiedenen Formen ökonomischer und kultureller Globalisierung.
Dies nehmen wir zum spielerischen Anlaß, um zu fragen, wie wir Literatur in einer solchen »Post-Westfälischen Weltordnung« begreifen können, wie literarische Texte und ihre Urheber*innen mit der Frage nach dem Überschreiten von (Sprach-)Grenzen umgehen, wie Schreiben und Übersetzen also zusammenhängen, zusammen zu denken sind.