Dear Reader mit Maren Kames
Maren Kames über Zeitlichkeit und Texte, die atmen
Dieses Mal ist Maren Kames bei DEAR READER zu Gast. Hasenprosa heißt ihr dieses Jahr bei Suhrkamp erschienenes Buch, in dem ein Hase eine Ich-Erzählerin antreibt, Verwirrung stiftet oder Dinge klarstellt. Auf einer gemeinsamen Reise durch Jahrhunderte, Kontinente, Zeiten, Sprachtemperamente, durch Familien- und Sternkonstellationen, mal in einem Strichflieger, plötzlich auf einem Hoverboard. „Ein Kippbild zwischen Abenteuer und Memoir, Magie und Alltag“, heißt es im Klappentext, eine gute Zusammenfassung für einen Text, der auch deshalb so wunderschön ist, weil er sich nicht zusammenfassen lässt.
Friederike Mayröcker ist in der Hasenprosa von Maren Kames so etwas wie ein „Zweithase“ (Paul Jandl in einer Rezension über den Roman). Friederike Mayröckers Mein Herz, mein Zimmer, mein Name, 1988 ebenfalls im Suhrkamp Verlag erschienen, ist deswegen auch einer der mitgebrachten Lieblingstexte, der Autorin und Übersetzerin. Einige Sätze aus Mein Herz, mein Zimmer, mein Name werden explizit zitiert, manchmal wird Mayröcker direkt angesprochen, die Texte nähern sich streckenweise auch strukturell an, etwa in ihrem Umgang mit Zeitlichkeit. Mal tropft die Sprache, bis sie fast stillsteht, plötzlich rast, ergießt sich schwallartig. Mascha Jacobs und Maren Kames denken an einem heißen Sommerabend über die Verbindungen zwischen den beiden Texten nach, darüber wie sie Profundes und Profanes mischen, Abstraktes und Konkretes verwirren, „also dem Abstrakten die Maske des Konkreten verleihen und umgekehrt“ (wie es Friederike Mayröcker in Mein Herz, mein Zimmer, mein Name formuliert hat). Aber auch wann es einen Rhythmus braucht und wann er gestört werden sollte.
Maren Kames kennt sich mit Rhythmen und Stimmen besonders gut aus, das zeigen schon ihre früheren Texte, die an der Schnittstelle von Stimme, Sound und Raum wohnen. Die 1984 geborene Autorin und Übersetzerin liebt Musik, das weiß man, wenn man ihre Texte gelesen hat. Sie hat als zweiten mitgebrachten Text einen Song von "Die Firma", Die Eine mitgebracht, der zunächst 1996 als Single und dann 1998 auf dem Debütalbum der Band Spiel des Lebens/Spiel des Todes bei La Cosa Mia (Rough Trade) veröffentlicht wurde.
Maren Kames, 1984 in Überlingen am Bodensee geboren, lebt als freie Autorin und Übersetzerin in Berlin. Ihre Bücher HALB TAUBE HALB PFAU (2016) und LUNA LUNA (2019) wurden viel beachtet und mehrfach ausgezeichnet. Beide Bücher wurden als Hörspiele umgesetzt, und LUNA LUNA wurde zur Spielzeiteröffnung 2022 am Schauspiel Leipzig uraufgeführt. Hasenprosa ist ihr erstes Buch im Suhrkamp Verlag.
Links:
- - Rezension von Paul Jandl über Hasenprosa von Maren Kames
- - Die Firma „Die Eine“ auf Youtube (1996 als Single und dann 1998 auf dem Debütalbum der Band Spiel des Lebens/Spiel des Todes bei La Cosa Mia (Rough Trade) veröffentlicht)
- - Text Die Firma „Die Eine“ auf Genius
- - Wespennest Sonderheft: Friederike Mayröcker. Die herrschenden Zustände
Ab dem 22.08.2024 auf Podigee, Spotify, Apple Podacst oder anderen Podcast-Plattformen anhören.
Bei DEAR READER unterhält sich Mascha Jacobs einmal im Monat mit Autor*innen über die Bücher ihres Lebens. Über die Wege, auf denen sie zu ihnen finden, wie das Gelesene sie verändert und wie oder ob für sie Lesen und Schreiben zusammengehören.
Schnitt: Mia Ender
Postproduktion: Nicki Frenking
Covergestaltung: Sarah von der Heide
Jingle: Walter P99 Arkestra
DEAR READER von Mascha Jacobs, koproduziert von Burg Hülshoff - Center for Literature (CfL).