Dear Reader mit Necati Öziri
Necati Öziri über das Schreiben als Übung im Ehrlichsein
Dieses Mal ist Necati Öziri bei Mascha Jacobs zu Gast. Da er Kurzbiografien hasst, sind seine Offiziellen ganz schön geworden.
»Necati Öziri, geboren in einer der vielen grauen Ecken des Ruhrgebiets (»Hölle Hölle Hölle!«), hat Philosophie, Germanistik und Neue Deutsche Literatur in Bochum, Istanbul und Berlin studiert. Er lebt in Berlin sein drittes Leben, schreibt, macht Theater und manchmal einen auf Intelelli, wofür ihm sein sechzehnjähriges Ich wahrscheinlich eine Schelle verpassen würde. In seinen Texten ist natürlich alles wahr. Öziri war Stipendiat der Heinrich-Böll-Stiftung und unterrichtete an der Ruhr-Universität Bochum formale Logik, bis er feststellte, dass Logik die Welt nicht besonders gut beschreibt. Seitdem versucht er zu schreiben, nicht wie die Welt ist, sondern wie sie sich anfühlt. Er ist erbitterter Feind von Kälte, Lactose und Kurz-Biographien.
Als Theaterautor schreibt er für das Maxim Gorki Theater, das Nationaltheater Mannheim und das Schauspielhaus Zürich. Öziri trifft sich regelmäßig mit alten Versionen seiner selbst, sie sitzen in Schulheften voller Kaffeeflecken herumblätternd auf dem Boden von Ämtern und warten (worauf eigentlich?) oder sie chillen auf Bänken am Bahnhof und bieten ihm einen Joint an. Bei den 45. Tagen der deutschsprachigen Literatur (dem Ingeborg-Bachmann-Preis) gewann er den Kelag-Preis und den Publikumspreis. Als Kurator leitete er zudem das Internationale Forum des Theatertreffens der Berliner Festspiele. Bei Wut und anderer Erregung dunkelrote Färbung der Ohren.«
Im Juli erschien sein Debütroman Vatermal bei Claassen; Necati Öziri steht mit diesem Roman zurecht auf der Longlist zum Deutschen Buchpreis. Ihm ist ein Buch gelungen, dass sehr berührend und exzellent geschrieben und lustig und traurig zugleich ist.
Mitgebracht hat er Kassandra von Christa Wolf, in der Sammlung Luchterhand erschienen. Und James Baldwins Beale Street Blues, veröffentlicht im Rowohlt Verlag in einer Übersetzung von Nils Thomas Lindquist. Der Roman und diese Texte führen Mascha Jacobs und Necati Öziri zu einem Gespräch über die Unterschiede zwischen Theater- und Prosatexten, Gefühle, Sounds, Gegengeschichten, nahbare Figuren, Polizeigewalt, Rassismus und Ehrlichkeit.
Kurz erwähnt werden neben den mitgebrachten Lieblingstexten:
Chimamanda Ngozi Adichie: The danger of a single story
Hannah Gadsby: Nanette
Ab dem 31.08.2023 auf Podigee, Spotify, Apple Podacst oder anderen Podcast-Plattformen anhören.
Bei DEAR READER unterhält sich Mascha Jacobs einmal im Monat mit Autor*innen über die Bücher ihres Lebens. Über die Wege, auf denen sie zu ihnen finden, wie das Gelesene sie verändert und wie oder ob für sie Lesen und Schreiben zusammengehören.
Schnitt: Mia Ender
Postproduktion: Nicki Frenking
Covergestaltung: Sarah von der Heide
Jingle: Walter P99 Arkestra
DEAR READER von Mascha Jacobs koproduziert von Burg Hülshoff - Center for Literature (CfL) gefördert durch die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien.